“Folgenlose Demokratie”: Bürgerbefragung zum Eintracht-Stadion
Der Rat am 22.02.2011 hat in namentlicher Abstimmung (wie es die CDU wollte) einstimmig dem Ausbau des Eintracht-Stadions zugestimmt. Die Bürgerbefragung am 06.02.2011 hatte mit 60% Fürstimmen (rund 65.000 Stimmen) den Ratsmitgliedern dieses Abstimmungsverhalten nahegelegt.
Die TAZ am 19.01.2011 spricht von “folgenloser Demokratie” und kommentiert das Projekt dahingehend, dass “städtische Subventionen für einen Drittligisten fragwürdig” seien. Fazit der TAZ: “So bleibt die jetzige Bürgerbefragung nichts anderes als eine taktisch äußerst geschickt eingefädelte Imagekampagne für den OB.”
Folgenlose Demokratie, TAZ vom 19.01.2011
Rechtens, aber nicht salonfähig, Kommentar von Petra Schellen in der TAZ vom 19.01.2011
Die BIBS-Fraktion hat nun ein Faktenblatt zusammengestellt, dass einige Zahlen, Argumente und Aussagen aufgreift. Am Dienstag, den 25.01.2011 um 19h findet eine vom DGB organisierte Podiumsdiskussion im Gewerkschaftshaus mit Vertretern der Ratsfraktionen statt.
Kosten und Fakten zur Bürgerbefragung am 06.02.2011
Wahr ist, dass der Ausbau des Stadions bereits 2008 beschlossen wurde. Warum über etwas abstimmen, was bereits beschlossen wurde?
Wahr ist, dass die Stadt für den Ausbau auf der Grundlage des Entwurfs von Schulitz und Partner insgesamt 20,8 Mio. Euro Netto-Baukosten (Nord- und Westkurve) in den Haushalt 2009 eingestellt hatte.
Wahr ist, dass die Stadt für den Ausbau der Haupttribüne Netto-Baukosten in Höhe von 14,8 Mio. Euro bereitgestellt hatte. Der Ausbau der Nordkurve hat 7,6 Mio. Euro gekostet.
Wahr ist, dass der Rückbau der oberen Tribünenreihen der Westtribüne, um Platz für den Einbau von VIP-Logen zu schaffen, 1,9 Mio. Euro und die Schaffung eines Aufenthalts-/Tagungs- und Gastronomiebereichs in zwei Etagen 2,1 Mio. Euro kosten soll. Eine Etage wird ausschließlich den VIP-Logen-Nutzern zur Verfügung gestellt. Wenn man annimmt, dass die Hälfte der letztgenannten Summe für eine Etage verwendet wird, belaufen sich die Baukosten für VIP-Logen und angrenzenden VIP-Bereich auf knapp 3 Mio. Euro.
Wahr ist, dass von 14,5 Mio. Euro veranschlagten städtischen Kosten für den Ausbau rund 680.000 Euro für soziale Räume (erstmalige Bereitstellung von sozial- und Umkleideräumen für das Personal 550.000 Euro) und die Verlegung des Kinderhortes (129.000 Euro) vorgesehen sind.
Wahr ist, dass die von der Stadt genannten Zahlen für Schulsanierungen in den nächsten Jahren belegen, dass Braunschweig bis 2014 jährlich nur rund 10 Mio. Euro ausgibt: bei der angeblichen Summe von 156 Mio. Euro rechnet die Stadt in einem Zeitfenster von 2008 bis 2014. In die Zahl werden 15,4 Mio. Euro an Bundesmitteln („Konjunkturpaket II“), die schon Ende letzten Jahres abgerechnet sein mussten ebenso mit eingerechnet wie vorgesehene 70 Mio. Euro für einen privaten Investor, der neun Schulen und Kitas sanieren soll. Dieser Investor wird seit 2009 gesucht. Ohne diese beiden Summen bleiben für ca. 60 Schulen nur noch 73 Mio. Euro übrig – das macht von 2008 bis 2014 jährlich 10,3 Mio. Euro!
Pressemitteilung der BIBS-Fraktion vom 07.01.2011
Wahr ist, dass die Erweiterung der Sanitärräume rund 1 Mio. Euro kostet und für den Umzug des Kinderhorts 129.000 Euro veranschlagt werden.
Wahr ist aber auch, dass bei einer Ablehnung des Ausbaus die Dächer von Schulen und Kitas undicht bleiben, solange OB Hoffmann und die CDU/FDP-Einstimmenmehrheit im Rat die nun plötzlich aufgetauchten 14,5 Mio. Euro nur für den Stadion-Ausbau ausgeben wollen. Wenn die Ratsmehrheit wollte, könnte sie diese Summe sofort für die Beseitigung des Sanierungsstaus an Braunschweiger Schulen verwenden. Warum VIP-Logen, wenn Schulen verfallen?