NiWo soll Schulsanierungen übernehmen

Drei Jahre lang Ausschreibungen, 140 Aktenordner und ein Vertrag mit Anhang von rund 800 Seiten: In Braunschweig soll jetzt mit der Sanierung von neun Schulen, drei Kitas und zwei Sporthallen durch eine bisher noch nicht existierende  Tochterfirma des “Bauriesen“ Hochtief begonnen werden! Der Rat soll darüber am 31.5.2011 entscheiden.

Am 12.5.2011 hat der hochverschuldete, spanische Konzern ACS auf der Hauptversammlung von Hochtief den Aufsichtsrat ausgetauscht und damit endgültig die Macht im Baukonzern übernommen. Um für diese Übernahme besser gerüstet zu sein, hatte Hochtief selbst versucht, ihre Tochter Hochtief PPP Solutions zu verkaufen. Die Stadt wusste davon seit November 2010 und hat trotzdem weiterverhandelt!

Nach der Machtübernahme durch ACS scheint die Filetierung von Hochtief voranzuschreiten: Ein “Bauriese” aus Frankreich, dessen Tochter SKE in Offenbach einen Teil der dortigen Schulen saniert, hat nun Interesse an der Übernahme der PPP-Sparte des ehemaligen Hochtief-Konzerns angemeldet.

Würden Sie sich an eine Firma, die derart zur Spielkarte eines europäischen Konsolidierungspokerspiels geworden ist, über 25 Jahre vertraglich binden?
Die Schulgebäude sollen nun vom Baukonzern auch 25 Jahre lang betrieben und unterhalten werden. Danach übernimmt die Stadt wieder die Bewirtschaftung der Schulen. Wegen des langwierigen und extrem aufwendigen Ausschreibungsverfahrens  für die Sanierung durch PPP war das Bauamt der Stadt in letzter Zeit ziemlich blockiert und die Schulen wurden jahrelang nur notdürftig instand gesetzt. Der sowieso schon bestehende Sanierungsstau wurde noch einmal verschärft. Für das geplante PPP-Projekt soll Hochtief in 25 Jahren über 200 Mio. € erhalten.

Kurz vor der Wahl am 11.09.2011 wollen CDU/FDP mit ihrer Ein-Stimmen-Mehrheit im Stadtrat hier noch einmal langfristig die Weichen stellen für ein Modellprojekt der Privatisierung kommunaler Aufgaben. Auch die neu gewählten Stadträte werden in den nächsten 25 Jahren an diese Verträge gebunden sein.
Wann mit der Schulsanierung begonnen werden kann, weiß niemand: Denn ein unterlegener Anbieter geht wegen Unstimmigkeiten bei Nachverhandlungen zugunsten von Hochtief juristisch gegen die Stadt vor. Auch das versprochene Spaßbad wurde zur Bauruine, weil ein unterlegener Anbieter klagte. Von 70 Schulen in Braunschweig sollen nur 9 durch PPP saniert werden, – das sind gerade 13% des Bestandes. Für 87% der Schulen, die weiter in Verantwortung und Kompetenz der Stadt liegen, steht dann noch weniger Geld zur freien Verfügung als bisher.

Hinzu kommt, dass im Falle der Insolvenz (als so genannte “rechtsvernichtende Tatsache” in der Anlage “Einredeverzicht”) die Stadt trotzdem an die Bank alle Entgelte über die gesamte Laufzeit von 25 Jahre weiterbezahlen müsste. Fast harmlos erscheint dagegen in einer weiteren Anlage (Preistabelle und Verbrauchsgarantie, Anlage 51.1 bis 57.4) die Angabe über die zukünftigen Reinigungsintervalle: Nur sechsmal pro Monat sollen die Unterrichtsräume und ganze 16mal pro Monat die Pausenräume gereinigt werden.

Über diese “Kleinigkeiten” in den Anlagen konnten sich die Ratsmitglieder nicht rechtzeitig informieren und Einsicht nehmen! Die Fraktionen haben zwar auf Forderung der BIBS eine Kopie des Vertrags erhalten, aber dieser enthält Leerstellen und hat über 600 Seiten Anlagen, die nicht ausgehändigt wurden. Kein einziges Konvolut der Anlagen befand sich in den Händen der Stadt, alles war bei den Beratern. Der zuständige Fachausschuss konnte sich deshalb nicht informieren.

Gibt es eine Alternative zur Schulsanierung durch einen privaten Baukonzern?

Ja! Die BIBS meint, dass die Schulsanierung, wie schon der Neubau der IGS Wilhelm Bracke von der Nibelungen Wohnbaugesellschaft (NiWo) übernommen werden sollte.

Diesen Antrag hat die BIBS-Fraktion nun eingebracht.

Die Vorteile einer Sanierung durch die städtische NiWo liegen auf der Hand:

1. maximale Kontrolle und Selbstgestaltungsmöglichkeiten über die gesamten 25 Jahre auch bei nachträglichen Änderungen in der Schulorganisation (z.B. die Umsetzung der UN-Konvention zur Schaffung barrierefreier Zugänge an Regelschulen, Umbaumaßnahmen bzgl. besserer Energie-Effizienz, usw.),

2. optimale Transparenz über die gesamte Laufzeit von fünf zukünftigen Ratsperioden,

3. es würde ermöglicht, nachträglich weitere Schulgebäude in die Projektierung zu übernehmen,

4. optimale Leistungskontrolle und Sicherheit vor Schlechtleistung des Fremd-Dritten und Schutz vor Dumpinglöhnen.

Die Nibelungen-Wohnbau-GmbH Braunschweig verfügt über beste Referenzen ihrer vorzüglichen Kompetenz, wie sie der NiWo beispielsweise in der gemeinsamen Presseerklärung der Stadt mit Verdi vom Februar 2011 bescheinigt wurde.

Pressemitteilung der BIBS-Fraktion vom 27.05.2011
Fachleute warnen vor Schulsanierungskonzept der Stadt Braunschweig, Radio Okerwelle vom 26.05.2011

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